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Das Grüne Band wandern: Fast 1400 Kilometer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Thorsten Hoyer hat es am Stück getan. Und nimmt uns mit auf seiner Wanderung durch die abenteuerliche und dramatische Geschichte des geteilten Deutschlands. Er erzählt von Menschen, Schicksalen und dem Naturparadies Grünes Band. Eine Zeitreise in fünf Kapiteln.

Teil 4: Thorstens Wegmarken zwischen Rhön und Harz

Zur Person: Thorsten Hoyer ist einer der bekanntesten Weitwanderer – und Mitglied der HANWAG Sole People (–> Thorsten Hoyer im Porträt). Berühmt wurde der gebürtige Hesse und Wahl-Erfurter durch seine Schlaflos-Wanderungen – und durch die hier geschilderte Tour auf dem ›Grünen Band‹, die er am Stück in 24 Tagen absolvierte.

Nach mehreren Tagen des einsamen Wanderns – Philippe, der mich begleitende Filmemacher, gönnte sich eine Pause – erreiche ich die Rhön. Meine lange Wanderung entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze hatte ich im Vorfeld mit Wegmarken gespickt. Das sind nicht nur Punkte mit historischem Bezug, sondern auch solche, die für mich einen wichtigen symbolischen Wert haben. Diese Punkte dienen mir zur Orientierung auf meiner mentalen Landkarte. Sie sind Motivatoren, die mir sagen: Alter, hier bist Du schon, soweit hast Du es bereits geschafft!

Die Rhön ist so eine wichtige Wegmarke, denn hier ändert sich mein Wanderkurs von einer Ost-West- in eine Süd-Nord-Richtung. Zudem treffe ich hier auf das Dreiländereck Bayern-Thüringen-Hessen. Aber nicht nur das Dreiländereck erwartet mich. Auch, und das freut mich besonders, Christian Wittig, der Marketingleiter von HANWAG und selbst begeisterter Wanderer. Wir kennen uns seit einigen Jahren, und der gebürtige Rhöner hat es sich nicht nehmen lassen, mich ein Stück zu begleiten.

Das vierte Kapitel erzählt von den 623 Kilometern über den Harz und bis zur Elbe.

Ein Ort für Frieden und Freiheit

Das Grüne Band wandern mit Thorsten Hoyer – alle Folgen im Überblick:

–> Teil 1: Warum eigentlich ›Das Grüne Band Deutschland‹?
–> Teil 2: Grenzerfahrungen am Grünen Band in Thüringen
–> Teil 3: Lochplatte um Lochplatte in Richtung Rhön
–> Teil 4: Thorstens Wegmarken zwischen Rhön und Harz
–> Teil 5: Der Ruf des Meeres und der Ruf der Freiheit

Im Norden des Mittelgebirges, das aufgrund seiner fantastischen Fernsichten als ›Land der offenen Fernen‹ touristisch vermarktet wird, erreiche ich nach einem heißen und aufgrund schwieriger Wegfindung langen Wandertag ziemlich fertig Point Alpha. Während des Kalten Krieges standen sich hier Vorposten der verfeindeten Blöcke von NATO und Warschauer Pakt sprichwörtlich Auge in Auge gegenüber. Heute steht der Ort für ein Europa in Frieden und Freiheit.

Meine Wanderung führt mich an den markanten weißen Kalibergen im Werratal vorbei und Schritt für Schritt näher in Richtung meiner nordhessischen Heimat. Auch wenn bereits mehrere Mittelgebirge hinter mir liegen, stehen nun die am meisten fordernden Etappen an. Sehr schwungvoll windet sich der Kolonnenweg stetig auf und ab, zeigt mir Höhen und Tiefen und verliert sich auch immer wieder mal (im N)irgendwo.

Zahlreiche Informationen zum Grünen Band findest Du auf der Website des BUND.

Das löchrige Betonband schickt sich an, zu meiner Grüne-Band-Grenzerfahrung zu werden. Rund 550 Kilometer liegen hinter mir, das Bergfest und der 1141 Meter hohe Gipfel des Brocken vor mir. Natürlich ist der Berg auch einer meiner Wegpunkte.

»Am Brocken ist nicht der Gipfel die Krönung, sondern die Begleitung durch meine zehnjährige Tochter.«

Thorsten Hoyer

Natürlich ist der Berg auch einer meiner Wegpunkte. An diesem Tag ist für mich aber nicht das Erreichen des Gipfels die Krönung, vielmehr ist es die Begleitung meiner zehnjährigen Tochter. 15 Kilometer folgt sie dem Kolonnenweg, zum Ende hin wird ihr Murren unüberhörbar. Am Ziel ist sie aber stolz darauf, durchgehalten zu haben.

Freiheit – danach begehrten die Menschen in der DDR. Sie nahmen Kerzen in die Hand und gingen nach draußen. Dorthin, wo Sonne, Mond und Sterne sich nicht um Grenzen scherten, wo sie für alle Menschen strahlten. Auch für die, die nicht nach oben sahen. Wenn Benno Schmidt aus Wernigerode in den Himmel über dem Harz sah, dann war da auch der Gipfel des 1141 m hohen Brockens zu sehen. Sein Hausberg bestimmt sein Leben und machte den heute 89-Jährigen zum ›Brocken-Benno‹.

Am Gipfel wird Thorsten von ›Brocken-Benno‹ empfangen. Der heute 89-Jährige und hunderte weitere Wanderer eroberten den Berg im Dezember 1989 für die Bürger zurück. Davor war er militärisches Sperrgebiet gewesen.

Getreu seinem Motto ›Freie Bürger – freier Brocken‹ ist er seitdem mehr als 8900 Mal auf den Brocken gestiegen. Nicht verwunderlich, dass er sich die Freiheit nimmt, an seinem 90. Geburtstag die 9000 voll zu machen. Seine Einladung ihn dabei zu begleiten, habe ich gerne angenommen. Im Mai 2022 gehen wir es an.

Der letzte nennenswerte Abstieg bringt mich ins Flachland und die Landschaft ändert sich grundlegend. Kein ständiges Auf und Ab des Kolonnenweges, dafür muss ich ihn zunehmend suchen. Hier mal ein paar Platten, dort noch eine, aber zumeist – nichts. Auf Feld- und Wirtschaftswegen geht es weiter. Nach der Grenzöffnung wurden umgehend Fakten geschaffen und vielerorts wächst Getreide, Mais und Gras über die Sache. Dafür vermitteln Grenzmuseen wie etwa die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn einen bezeichnenden Eindruck.

Dichte Wälder wechseln am Grünen Band mit offenen Landschaften. Die sind besonders schön im Morgenlicht.

»Wenn ich es bis hierher geschafft habe, dann werde ich mein Ziel erreichen.«

Thorsten Hoyer

Aber natürlich bleibt der Kolonnenweg nicht verschwunden. Irgendwann taucht er förmlich aus dem Nichts auf und scheint nachholen zu wollen, was den vergangenen Kilometern fehlte. Vor mir erstreckt sich eine schier endlose Gerade umrahmt von grünen Wiesen. Kilometer um Kilometer spule ich ab, ohne dass sich die Aussicht ändert. Irgendwann macht der Weg einen dem Grenzverlauf geschuldeten, ansonsten sinnfreien Knick, um mich abermals schnurstracks in Richtung Horizont zu führen.

Auf meine Ohren legt sich eine fast drückende Stille, unterbrochen nur von den Rufen der Kraniche und Wildgänse. Ich falle in einen fast meditativen Zustand, alles um mich herum scheint ineinander überzugehen. Dass ich beim routinemäßigen Blick auf das GPS-Gerät dann feststellen muss, einen Abzweig übersehen zu haben, bringt mich zurück ins Hier und Jetzt.

Beständig folge ich dem Grünen Band Richtung Norden, durchwandere die Altmark, wo ich auf ausgezeichnet gute Markierungen am Kolonnenweg treffe. Ein Schild verrät mir zudem, dass es nur noch 15 km zur Elbe sind. Bereits bei der Planung meiner Wanderung wurde dem Fluss eine Bedeutung zuteil. Er war und ist für mich eine besondere Wegmarke, die mir signalisiert: Wenn ich es bis hierher schaffe, dann werde ich mein Ziel erreichen.

Mit Thorsten Hoyer auf dem Grünen Band: Zum nächsten Kapitel

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