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Das Grüne Band wandern: Fast 1400 Kilometer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Thorsten Hoyer hat es am Stück getan. Und nimmt uns mit auf seiner Wanderung durch die abenteuerliche und dramatische Geschichte des geteilten Deutschlands. Er erzählt von Menschen, Schicksalen und dem Naturparadies Grünes Band. Eine Zeitreise in fünf Kapiteln.

Teil 2: Grenzerfahrungen auf dem Grünen Band

Zur Person: Thorsten Hoyer ist einer der bekanntesten Weitwanderer – und Mitglied der HANWAG Sole People (–> Thorsten Hoyer im Porträt). Berühmt wurde der gebürtige Hesse und Wahl-Erfurter durch seine Schlaflos-Wanderungen – und durch die hier geschilderte Tour auf dem ›Grünen Band‹, die er am Stück in 24 Tagen absolvierte.

Mit dem Erreichen des Drei-Freistaaten-Steins lasse ich Sachsen zurück und wandere der thüringisch-bayerischen Grenze folgend entlang meiner Wahlheimat Thüringen. Ich erreiche Mödlareuth. Das rund 40 Seelen zählende Dorf erlangte eine zweifelhafte Berühmtheit, denn die deutsch-deutsche Grenze verlief mitten durch das Dorf – und trennte es in zwei Teile.

Der eine Teil Mödlareuths liegt auf thüringischem, der andere Teil auf bayerischem Gebiet. Quer durch das Dorf zog sich eine Mauer, die nur einen Zweck hatte: Familien und Freunde sollten sich nicht mehr sehen können. Von gegenseitigen Besuchen ganz zu schweigen. Der Name ›Little Berlin‹ machte die Runde. Der besonderen Geschichte des Dorfes widmete sich die ZDF-Spielfilmserie ›Tannbach‹.

30 von fast 1400 Kilometern: Das zweite Kapitel von Thorstens Wanderung auf dem Grünen Band.

»Eine der spektakulärsten Fluchten aus der DDR war die mit einem selbstgebauten Heißluftballon.«

Thorsten Hoyer

Das Grüne Band wandern mit Thorsten Hoyer – alle Folgen im Überblick:

–> Teil 1: Warum eigentlich ›Das Grüne Band Deutschland‹?
–> Teil 2: Grenzerfahrungen am Grünen Band in Thüringen
–> Teil 3: Lochplatte um Lochplatte in Richtung Rhön
–> Teil 4: Thorstens Wegmarken zwischen Rhön und Harz
–> Teil 5: Der Ruf des Meeres und der Ruf der Freiheit

Ein historisches Bild des Heißluftballons, mit dem 1979 zwei Familien aus der DDR flohen.

Filmstoff lieferten auch die abenteuerlichen Fluchten aus der DDR. Eine der spektakulärsten ist die mit einem selbstgebauten Heißluftballon im Jahr 1979. Die beispiellose Flucht der beiden Familien Wetzel und Strelzyk ging um die Welt und wurde von Michael ›Bully‹ Herbig 2018 verfilmt. Ich war elf Jahre alt und kann mich noch an den Abend erinnern, als der damalige ›Tagesschau‹-Sprecher Jo Brauner die Meldung verlas. Kurz zuvor reiste ich das erste Mal in die DDR.

›Zurück‹ ins Heute: In Hirschberg an der Saale treffe ich Günter Wetzel, der mich ein Stück auch meiner Wanderung entlang des Grünen Bandes bis Blankenstein begleiten wird. Er hatte die Idee zum Bau des Heißluftballons und nähte die riesige Hülle.

Natürlich beschäftigt mich die Frage, warum er sich gegen ein Leben in der DDR entschieden hatte. »Da gab es nicht den einen konkreten Anlass«, antwortet Günter Wetzel und fügt hinzu: »Im Privaten konnte man verhältnismäßig gut leben. Allerdings war das nicht so im öffentlichen Leben. Freie Meinungsäußerungen waren nicht möglich, es gab Einschränkungen bei der Berufswahl und keine Reisefreiheit. Und mit den Staatsorganen wollte ich mich nicht arrangieren.«

»Aber wie kommt man auf die Idee, die Flucht mit einem Heißluftballon zu planen?«, will ich wissen. Seine Antwort: »In einer Zeitschrift aus dem Westen hatte ich über ein Treffen von Ballonfahrern gelesen. Als ich so auf die Heißluftballons blickte, war mir klar, dass das unser Weg über die Grenze ist.«

Günter Wetzel hatte die Idee zur Flucht per Heißluftballon. Er begleitet Thorsten ein Stück auf dem Grünes-Band-Wanderweg.

Während wir dem Weg oberhalb der Saale folgen, erzählt Günter Wetzel, dass er den Ballon erheblich größer nähte, was sich als Glück erweisen sollte, da so die spätere harte Landung abgemildert wurde. »Um nicht durch den Kauf großer Mengen einheitlichen Stoffes aufzufallen, haben wir diesen in der gesamten DDR zusammengekauft.« Das muss man sich mal vorstellen: Unzählige kleinere und größere Stoffbahnen wurden mit einer alten Nähmaschine auf einem Dachboden zu einem riesigen Ballon zusammengefügt!

Blasenfrei auf dem Grünen Band …

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Zum Artikel

»Nach zwei gescheiterten Versuchen war das unsere letzte Chance, denn die Stasi war uns auf den Fersen.«

Günter Wetzel

Zahlreiche Informationen zum Grünen Band findest Du auf der Website des BUND.

»Ihr hattet vier Kinder mit im Korb, der ja nur aus einer kleinen Platte mit ein paar Stricken bestand. Hast Du Angst gehabt?« will ich wissen. »Angst hatte ich keine, aber natürlich hoffte ich so sehr, dass alles gut gehen würde. Nach bereits zwei gescheiterten Versuchen war das unsere letzte Chance, denn die Stasi war uns auf den Fersen. Aber ich war sicher, dass wir es schafften.« »Haben sich Eure Vorstellungen und Hoffnungen erfüllt?« hake ich nach. Er schaut mich an und antwortet, ohne zu zögern »Ja, für mich und meine Familie ist damit alles in Erfüllung gegangen!«

Am ›Drehkreuz des Wanderns‹

Wir sind in Blankenstein angekommen und stehen an einer Fußgängerbrücke über das Flüsschen Selbitz. Die Brücke sorgt nicht nur für eine direkte Verbindung der beiden Freistaaten, sondern ist auch Teil eines deutschlandweit – vielleicht sogar europa- oder gar weltweit – einzigartigen Knotenpunktes: dem ›Drehkreuz des Wanderns‹. Hier nehmen die bekannten Fernwanderwege Rennsteig, Kammweg, Frankenwaldsteig, Fränkischer Gebirgsweg sowie der Frankenweg Anfang beziehungsweise Ende.

Wir stehen mitten auf der Brücke und damit auf der Grenze zwischen Thüringen und Bayern. Günter Wetzel schaut auf die zu Bayern gehörende Seite und erwähnt fast beiläufig, dass der Landeplatz ihrer Ballonfahrt hinter dem Berg nahe Naila liegt. Jahrzehnte lebte er mit seiner Familie in der Region. Für ihn ist sie Heimat, sich selbst bezeichnet er am ehesten als Franken. Mit den Worten »Ostdeutsch, Westdeutsch – das spielt doch heute keine Rolle mehr!« verabschieden wir uns am ›Drehkreuz des Wanderns‹.

»Mich leitet das Grüne Band weiter quer durch Deutschland.«

Thorsten Hoyer

Ich bin sehr dankbar, dass ich mit Günter Wetzel ein Stück des Weges gemeinsam gehen durfte. Ich erinnere mich an die Nachricht über seine Flucht, ich sah den Film – nie hätte ich gedacht, dass sich unsere Wege mal kreuzen würden. Mich leitet das Grüne Band weiter quer durch Deutschland, und ich bin gespannt, welche Erlebnisse und Geschichten noch auf mich warten.

Mit Thorsten Hoyer auf dem Grünen Band: Zum nächsten Kapitel

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