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Auf leisen Sohlen in der Natur unterwegs – das ist bei der Jagd gleichermaßen wichtig wie bei der Tierfotografie. Dr. Ariane Schmidt von der Natur- und Jagdschule Edelweiss kennt sich mit Anschleichen aus. Hier ihre wichtigsten Tipps für die Fotopirsch oder auch für die Jagd.
Der Mensch ist ein Jäger und Sammler – seit mindestens 2,5 Millionen Jahren. »Ein bisschen davon steckt immer noch in uns«, sagt Ariane. Einst war die Jagd überlebenswichtig. Heute ist sie für die meisten eher ein Hobby.
Für viele ist die Pirsch ein Ausgleich zum hektischen Alltag. Ein Weg, den Zauber der Langsamkeit neu zu entdecken – egal ob mit dem Gewehr, mit Kamera und Teleobjektiv oder mit einem Feldstecher.
Ariane erzählt, wie sie sich kürzlich in ihrem Revier an einen Fuchs herangepirscht hat. Nicht um ihn zu schießen, sondern um ihm eine halbe Stunde lang dabei zuzusehen, wie er nach Mäusen buddelt – nur 20 Meter von ihr entfernt. »So etwas erlebst Du nur, wenn Du sehr langsam und leise unterwegs bist.«
Kamera, Fernglas oder Flinte sind sozusagen die Hardware für die Pirsch. Aber auch bei der Software gibt es einiges zu beachten. Ganz wichtig: die richtige Kleidung.
Wenn Ariane in ihrer selbstgefertigten Wollkleidung durch den Wald streift, sieht sie ein bisschen aus wie Catweazle – und muss über sich selbst lachen: »Ja, mein Auftritt ist dann ziemlich merkwürdig.« Aber ihr Aussehen hat Gründe. »Natürliche Materialien wie Wolle machen beim Tragen kaum Geräusche«, erklärt sie. Kunstfaserstoffe sind zwar funktionell, aber sie rascheln mehr oder weniger stark. Prinzipiell empfiehlt Ariane leise Materialien wie Loden oder, wenn schon Kunstfaser, dann weiche Fleece-Stoffe.
Auch der Schnitt spielt eine Rolle. Arianes Tipp: »Die Hosenbeine sollten möglichst nicht aneinander scheuern. Denn das hört man.«
Auf Fotopirsch oder bei der Jagd will man nicht nur nicht gehört werden. Am liebsten wäre man auch für die Tiere unsichtbar. Dabei hilft die richtige Farbwahl. Zwar sind gedeckte Brauntöne der Klassiker für Tarnkleidung. Aber Ariane macht Mut zur Farbe. »Wildtiere nehmen Farben anders wahr als wir Menschen.« Wobei es auch zwischen den Tierarten Unterschiede gibt:
Noch wichtiger als die Farbgebung: Die Tarnkleidung sollte sich im Kontrast möglichst wenig von der Umgebung abheben. Also:
Auch bei der Schuhwahl pirscht Ariane auf unkonventionellen Pfaden. Ihre selbstgenähten Schuhe mit einer glatten Laufsohle aus Leder erlauben es ihr, den Boden sehr sensibel zu erspüren und wirklich ganz, ganz leise zu treten. Wie in Winnetous Mokassins. »Doch Vorsicht!«, warnt die Jagdausbilderin. Rostige Nägel, Wurzelwerk oder spitzes, scharfkantiges Holz können die dünne Sohle leicht durchdringen. Und auch vor dem Umknicken bieten diese leichten Treter wenig Schutz.
Ein guter Kompromiss ist ein stabiler Schuh mit griffiger Sohle, die ausreichendes Gespür für den Untergrund zulässt. »Im Idealfall sollte man den Boden durch die Sohle spüren«, rät Ariane. Ob solider Bergschuh oder leichter Wanderschuh, hängt natürlich auch vom Terrain ab, in dem Du Dich bewegst. Bei der Pirsch auf Steinböcke im felsigen Hochgebirge ist ein stabilerer Schuh ratsam als in den Moorlandschaften der Mecklenburger Seenplatte. In jedem Fall sollte ein Pirschschuh leise sein und zum Beispiel keine quietschenden Geräusche machen.
In matschigen Marschen oder bei Regenwetter ist zudem eine gute Wasserdichtigkeit von Vorteil. Denn nasse Füße führen beim Ansitzen schnell zu kalten Zehen. Ein weiterer Aspekt: das Gepäck. Je schwerer es ist, desto mehr Stabilität sollte der Schuh geben.
Hast Du Dich für ein Schuhmodell entschieden, kannst Du es mit folgenden Tipps für die Pirsch und die Jagd optimieren:
Was für die Kleidung und für die Schuhe gilt, gilt auch für den Rest der Ausrüstung zur Tierbeobachtung oder zur Jagd. Sie sollte, neben ihrer Grundfunktion, ein Ziel verfolgen: möglichst keine ungewollten Geräusche produzieren und optisch nicht ins Auge stechen. Vermeide deshalb auf Foto-Pirsch einen auffälligen und rascheligen Rucksack mit vielen Schnallen. Für Pirscher gilt: Das Ohr kauft mit.
Und: Tiere scheuen nicht nur vor menschlichen Geräuschen zurück, sondern auch vor Gerüchen. Deshalb sollte man seine Pirsch- oder Jagdkleidung mit parfümfreiem Waschmittel waschen – und sich selbst zumindest unmittelbar vor der Pirsch mit möglichst unaufdringlichen Körperpflegeprodukten. Frisch einparfümiert auf die Pirsch? Keine gute Idee. Da rümpft der Hase die Nase.
Nun hast Du die Ausrüstung zum Pirschen zusammen – Zeit, die konkrete Pirsch vorzubereiten. Pirsch-Profis planen ihre Touren oft bis ins letzte Detail. »In jedem Fall lohnt es sich, sich schon zu Hause ein paar Gedanken zu machen«, rät Ariane.
Wenn Du auf Pirsch gehst, solltest Du zum Leisetreter werden. Eine geräuschlose Gehtechnik kannst Du schon zu Hause üben. »Das Ziel besteht darin, mit den Füßen zu fühlen«, erklärt Ariane. Entwickle also ein Gefühl dafür, wie Du die Füße am besten aufsetzt und welche Geschwindigkeit nötig ist, um Dich möglichst leise fortzubewegen.
Eine ›Trockenübung‹ für daheim: Trete möglichst lautlos auf zerknülltes Zeitungspapier, rolle vorsichtig über verstreute Legosteine ab und versuche, auf kiesigem Grund zu schleichen. Langsamkeit ist dabei das A und O.
Es gibt kein Patentrezept für eine erfolgreiche Jagd oder Tierfotografie. Doch mit ein paar Regeln erhöhst Du die Aussicht auf Erfolg. Oberstes Gebot: Bewege Dich rücksichtsvoll und bleibe auf den Wegen.
Pirschen macht Spaß. »Aber wenn nun alle anfingen, mit der Kamera durchs Unterholz zu schleichen, würde das der Natur Schaden zufügen und gleichzeitig Jäger:innen und Förster:innen verärgern«, betont Ariane. Deshalb sollte jede und jeder bei der Tierbeobachtung oder Tierfotografie viel Rücksicht nehmen. Konkret bedeutet das:
Mit diesen Tipps sollte Dir eine erfolgreiche Fotopirsch oder Tierbeobachtung gelingen. Und wenn nicht? Kein Grund, den Fotoapparat ins Korn zu werfen. »Es gibt Tage, da funktioniert es einfach nicht«, sagt unser Pirschprofi Ariane. »Da fühle ich mich selbst als langjährige Jägerin wie ein Elefant im Porzellanladen. Aber beim nächsten Mal klappt es bestimmt.«