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  1. Wie viel Vorerfahrung ist nötig?
  2. Welche Vorüberlegungen solltest Du anstellen?
  3. Wie hoch sollte das Budget sein?
  4. Wie fit muss man sein?
  5. Wie schaffst Du es durchzuhalten?
  6. Wie organisiert man die Verpflegung?
  7. Wie hältst Du die Motivation hoch?
  8. Wie bewältigt man Krisen?

Weitwanderungen sind Erfahrungen fürs Leben. Wie viel Planung und Vorbereitung erfordert eine solche Unternehmung? Wie fit sollte ich für eine Fernwanderung sein? Welche mentalen und logistischen Herausforderungen kommen bei einer mehrtägigen Wanderung oder einem Weitwander-Abenteuer über Wochen oder Monate auf mich zu? Was kann ich tun, wenn’s unterwegs mal schlecht läuft?

Fragen über Fragen. Wir haben dazu vier Weitwander-Expert:innen aus Europa und Amerika befragt und ihre besten Tipps und Tricks zusammengestellt.

Klick Dich durch die Galerie: Unsere Weitwander-Expert:innen im Portrait

Christine Reed hatte mit Wandern nichts am Hut – bis sie sich spontan entschied, eine riesige Wandertour zu planen und den Appalachian Trail zu laufen. Mittlerweile schreibt die Amerikanerin Bücher übers Weitwandern.

Chris Townsend ist die Weitwander- und Outdoor-Legende im englischsprachigen Bereich. Ob Durchquerung der Kanadischen Rockies, Continental Divide Trail oder Yukon Traverse – der Engländer strotzt vor Erfahrung und Wanderweisheiten.

Peter Hochhauser arbeitet als Filmemacher. Ein stressiger Job. Weitwanderungen wie der Pacific Crest Trail oder der Pacific Northwest Trail sind für den Österreicher das perfekte Mittel zur Entschleunigung.

Thorsten Hoyer ist Chefredakteur beim Wandermagazin und Buchautor. Nach dem Snowman Trek in Bhutan, zahlreichen Langstrecken-Trekkings weltweit und 302 Kilometer Wandern ohne Schlaf weiß der Deutsche genau, was es heißt, eine lange Wandertour zu planen.

1. Wie viel Vorerfahrung ist nötig?

Um zu einer Fernwanderung aufzubrechen, musst Du kein Outdoor-Profi sein. Allerdings sind nicht alle Routen für Einsteiger geeignet. Doch das erforderliche Können und die benötigte Ausrüstung hängt von Gegend ab, in der Du unterwegs sein möchtest.

Bekannte Trails in den USA wie der Pacific Crest Trail oder der Appalachian Trail sind ohne weiteres mit ein bisschen Camping-Erfahrung möglich. Anders ist es auf unmarkierten Routen oder Strecken, die auch durch anspruchsvolles Gebirgs-, Wüsten- oder Waldterrain führen und auf denen Du weitab der Zivilisation völlig auf Dich allein gestellt bist.

Für Weitwander-Klassiker in Europa wie die Alpenüberquerung München Venedig oder den Kungsleden Trail reicht durchschnittliche Wandererfahrung. Gerade in Mitteleuropa bist Du kaum irgendwo mehr als einen Tagesmarsch von der Zivilisation entfernt und kannst zur Not schnell aussteigen.

2. Welche Vorüberlegungen solltest Du anstellen?

Alleine oder in der Gruppe? Für Christine Reed ist das eine Grundsatzfrage bei den Vorüberlegungen zu einer Weitwanderung.

Rucksack packen und los? Leichter fällt der Start, wenn Du strategisch überlegt an die Sache herangehst. Dazu gehört nicht zuletzt die Frage, ob Du alleine oder in einer Gruppe gehen möchtest.

Socialising, Kontakt und Kommunikation mit anderen ist auf langen Weitwandertouren ein wichtiger Aspekt. Ob allein oder mit einem Partner, ist nicht zuletzt auch eine Mentalitätsfrage – nicht jeder fühlt sich allein auf Dauer wohl. Die wichtigsten Argumente für und gegen Solo-Fernwanderungen:

  • Im Team lassen sich herausfordernde Passagen einfacher und sicherer bewältigen. Auf beliebten Trails finden sich Gruppen oft automatisch.
  • In einer größeren Gruppe mehrere Monate zu wandern, ist eine eher komplexe Angelegenheit. Bereits bei der Planung und Terminfindung müssen viele, oft unterschiedliche Interessen unter einen Hut gebracht werden. Und auf dem Trail können Leistungsunterschiede und unterschiedliche Vorstellungen von der Gestaltung der Tour schnell zu Spannungen führen – je größer die Gruppe, desto komplizierter ist es, alle unter einen Hut zu kriegen.

Die meisten Weitwanderer:innen sind deshalb allein oder zu zweit unterwegs. Doch auch Singles geraten bisweilen unter Gruppendruck. »Es ist schön, sich als Solo-Wanderin mal anderen anzuschließen«, erzählt Christine Reed. »Aber ständig zu reden und zu diskutieren, kann ermüden.« Dabei mache es der Gruppendruck bisweilen nicht einfach, sich auszuklinken. »Das ist ähnlich wie in einer romantischen Beziehung«, vergleicht Christine augenzwinkernd. »Sage den anderen einfach, was Du brauchst, um Dich gut zu fühlen.«

3. Wie hoch sollte das Budget sein?

Letztendlich hängt das von Deinen Gewohnheiten und Ansprüchen ab. Es gibt Weitwanderer:innen, die sich ein halbes Jahr lang mit weniger als 6000 Euro durchschlagen. Nach oben ist die Skala fast offen. Entscheidend ist, wie viel Geld Du in den Orten ausgeben möchtest, durch die Du kommst.

Ist das Geld knapp, hat Chris Townsend einen simplen Vorschlag: »Verbringe nicht zu viel Zeit in Ortschaften und Städten, mache dich so schnell wie möglich wieder vom Acker.«

4. Wie fit muss man sein?

Eine der häufigsten Fragen von Fernwandernoviz:innen: Schaffe ich das? Du musst kein/e Marathonläufer:in sein. Aber regelmäßiges Ausdauertraining (Joggen, Radfahren, Wandern) vor dem Weitwandern als Vorbereitung erleichtert den Start, wenn die große Tour beginnt.

Rücken- und Bauchmuskulatur sind genauso gefordert wie die Beine. Kräftigungsgymnastik mit dem eigenen Körpergewicht oder regelmäßiges Yoga in den Wochen vor dem Start bringen Dich in Form. Und: »Das beste Training fürs Wandern mit Rucksack, ist, mit Rucksack zu wandern«, rät das britische Weitwander-Urgestein Chris Townsend.

»Eine physische Grund-Fitness ist wichtig, Du musst aber kein Top-Sportler sein.«

Peter Hochhauser, Weitwanderer und Filmemacher

Solange Du gesund und gut zu Fuß bist, steht Weitwanderungen auch im Alter nichts entgegen, denn: Die Ausdauerleistungsfähigkeit bleibt lange erstaunlich hoch. Thorsten Hoyer (Jahrgang 1968) sagt sogar: »Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Ältere ›leidensfähiger‹ sind als Junge.«

5. Wie schaffst Du es durchzuhalten?

Junge Wanderer:innen mögen körperlich fitter sein, sagt Thorsten Hoyer (hier bei einer Wanderung auf dem Grünen Band). Aber ältere seien »leidensfähiger«.

Schon zu Beginn der Tour gut in Form zu sein, erleichtert den Start. Aber Vorsicht! Wer sich topfit fühlt, läuft Gefahr, auf den ersten Abschnitten zu schnell oder zu weite Etappen zu laufen und fällt schließlich in ein Leistungsloch. Lieber mit leicht angezogener Handbremse starten.

Solltest Du anfangs noch konditionelle Defizite haben, keine Sorge. Die Ausdauer kommt nach und nach automatisch. Allerdings solltest Du Dir bewusst sein, dass Du Dich auf den ersten Etappen beharrlich durchbeißen musst, Dich dabei aber nicht überfordern solltest. Sonst drohen Verletzungen oder muskuläre Verspannungen, die Dich unter Umständen lange begleiten oder sogar einen frühen Abbruch der Tour erzwingen können.

»Mit regelmäßigem Dehnen und Gymnastik lassen sich Wehwehchen, Verspannungen und Probleme mit Sehnen und Muskeln effektiv vermeiden«, hat Christine Reed festgestellt. »Kleine Blessuren solltest Du sofort behandeln«, rät Peter Hochhauser.

»Natürlich dürfen Etappen auch mal anstrengend sein. Und auch ein gewisser sportlicher Ehrgeiz gehört dazu. Aber Du solltest nicht in den Wettkampfmodus verfallen«, empfiehlt Weitwander-Experte Thorsten Hoyer. »Mach’ Dir keinen Druck, auch wenn andere schneller sind.« Nimm Dir genügend Zeit für Dein Weitwanderprojekt. Auch wenn es auf fast allen Weitwanderrouten mittlerweile spektakuläre Rekordzeiten gibt – das ist nicht die Intention.

»Finde Dein eigenes Tempo! Körper, Geist und Seele im Gleichschritt.«

Thorsten Hoyer, Weitwanderer

Auf wochen- oder monatelangen Touren wirst Du nicht jeden Tag in Hochform sein. Konditionelle Durchhänger sind normal. Dein Körper ist keine Maschine. Gönne ihm auch mal kürzere Etappen, wenn Dir danach zumute ist. Lege im Zweifel lieber ein bis zwei Tage Pause ein, um Deinem Körper Zeit zu geben, sich zu regenerieren.

6. Wie organisiert man die Verpflegung?

Kalorienbomben sind bei einer Weitwanderung erlaubt. Und Essen vom Campingkocher kann auch gut schmecken.

»Der Hunger ist allgegenwärtig«, hat Peter Hochhauser auf seinen Fernwanderungen erfahren. Der Energiebedarf auf Langstreckenwanderungen ist enorm. Gut für die Fettverbrennung. Die Pfunde purzeln.

Doch Vorsicht, sind die Fettreserven verbraucht, zieht der Körper die Energie auch aus anderen Quellen. Kalorienbomben sind also ausdrücklich erlaubt. »Bist Du oft hungrig, isst Du nicht genügend. Dann wirst Du Dich bald müde und langsam fühlen«, weiß Peter.

Isst Du zu wenig oder ernährst Dich über Wochen zu einseitig, schwächt das den Körper. Das kann auf Dauer zu Schäden führen. Aus Gewichtsgründen kommt die Versorgung mit Obst und Gemüse meist zu kurz. Nutze Städte und Orte mit Geschäften deshalb als ›Vitamin-Stopps‹. Auch wilde Früchte können den Speisezettel bereichern.

»Wichtiger als Essen ist, regelmäßig und genügend zu trinken«, ergänzt Thorsten Hoyer. Dehydrierung kann schnell zum Kreislaufkollaps führen. In trockenen Regionen kann es erforderlich sein, große Mengen an Wasser mitzuschleppen. Du solltest auf jeden Fall vor jeder Etappe wissen, wo die nächste Möglichkeit ist, die Wasservorräte wieder aufzufüllen.

Auf langen Wanderungen schwitzt Du den ganzen Tag. »Nimm genügend Salz zu Dir und trinke ausreichend«, rät Christine Reed. Das vermeidet Krämpfe und Verspannungen.

7. Wie hältst Du die Motivation hoch?

Nicht den Kopf hängen lassen: Auf einer Weitwanderung wie hier auf dem Pacific Northwest Trail kommen unweigerlich auch mal Stimmungstiefs.

Bilder und Videos von Weitwanderungen sind immer nur Ausschnitte der Realität, gerade auf Social Media. Oft sind sie inszeniert. Im Vordergrund stehen die Highlights: atemberaubende Natur, emotionale Höhepunkte. Doch all das will hart erarbeitet werden. Tiefpunkte und Durchhänger gehören dazu – auch wenn sie in den sozialen Medien unter den Tisch fallen. Bleibe realistisch. Rufe Dir das immer Wieder ins Gedächtnis.

Mentale Hürden: »Mental schwierig sind vor allem eintönige Abschnitte, auf denen du tagelang durch ödes Terrain wanderst, den Wald kaum verlässt oder in schwierigem Gelände nur langsam vorwärts kommst“, sagt Pacific Northwest Trail Bezwinger Peter Hochhauser. Dann hilft es, wenn Du Dir kleine Ziele setzt, die Du in einer überschaubaren Zeitspanne erreichen kannst.

Die Zeitfalle: »Nach Monaten auf dem Trail entsteht das Gefühl, kaum voranzukommen«, weiß Peter Hochhauser. Um trotzdem motiviert zu bleiben, ist es wichtig, den Blick aufs große Ganze nicht zu verlieren und zu akzeptieren, dass nicht jeder Tag ein riesiges Highlight bereithalten kann.

»Arbeite an Deiner mentalen Fitness, sonst wirst Du früher oder später aufgeben.«

Christine Reed, Weitwanderin und Buchautorin

Unangenehme Überraschungen: »Rechne immer mit dem Unerwarteten«, rät Thorsten Hoyer. »Rufe Dir immer wieder ins Gedächtnis, dass das tragende Element deiner Wanderung die Freiheit des Unterwegsseins ist.« Dann werden auch harte Prüfungen zu einer Quelle der Kraft.

Eintönigkeit: »Selbst in der Wüste oder in Steppen kannst Du Abwechslung und Schönheit entdecken. Es kommt auf Deinen Blick an«, sagt Thorsten Hoyer. Wenn das nicht hilft: Kopfhörer auf, Musik an auf dem Smartphone, und durch.

Belohne Dich! Beim Weitwandern wirst Du lernen, Dich mit wenig zu begnügen – oder Du wirst aufgeben. Doch das Langstrecken-Trekking muss nicht in eine endlose Prüfung spartanischer Tugenden ausarten. »Kleine Belohnungen zwischendurch stärken die Moral«, weiß Thorsten Hoyer. »Ich liebe kleine Pocket Coffees: Schokopralinen mit Espresso. Nur eine einzige, nach 30 Kilometer. Ich halte an. Lasse sie auf der Zunge zergehen. Zelebriere das. So entsteht ein wertvoller, motivierenden Moment.«

8. Wie bewältigt man Krisen?

Zu scheitern ist kein Beinbruch. »Du kannst nicht immer alles im Griff haben«, weiß Thorsten Hoyer. Veränderungen erfordern neue Pläne, neues Denken. Das zu beherzigen ist meist besser, als stur sein ursprüngliches Vorhaben durchzuziehen.

Mit der Lebenserfahrung kommt Gelassenheit. »Dinge, die ich heute mache, hätte ich vor 20 Jahren nie geschafft«, schmunzelt Thorsten und ergänzt augenzwinkernd: »Naja, vielleicht ist das auch ein Stück weit Altersstarrsinn.«

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